Page 28 - Kanonbildung. Protagonisten und Prozesse der Herstellung kultureller Identität
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Elmire erfolgreich in Berlin aufgeführt worden. Der Berliner Theaterzettel vom
17. Juli 1775 verkündete: »Der durch seinen ›Götz von Berlichingen‹ und ›Cla-
vigo‹ für die deutsche Schauspielkunst berühmt gewordene Herr D. Goethe
hat sich mit vielem Glück an eine neue Gattung von Schauspielen gewagt und
in dem heutigen Stücke [Erwin und Elmire] eine neue Bahn gebrochen, die
Herzen zu bezaubern.« Die Berliner Dichterin Anna Louise Karsch schrieb dem
Dichter Gleim über die Berliner Erwin und Elmire-Aufführung: »Gestern wars
ziemlich voll bey dem kleinen Drama [...], der Name Göte loktte die Zuschau-
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er, und es gefiel.« Der berühmte Berliner Kupferstecher Chodowiecki fertigte
sogar eine Zeichnung von Goethes Heldin Elmire an, die als Kupferstich dem
Himburgschen Raubdruck von Goethes Werken zur Zierde diente, der 1775 in
Berlin erschien. Von 1775 bis 1782 erlebte Erwin und Elmire nicht weniger als
22 Aufführungen in Berlin mit der Musik des Offenbacher Goethe-Freundes
Johann André, der als Kapellmeister in die preußische Hauptstadt übergesiedelt
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war. Ebenso wie Götz von Berlichingen, der in Berlin uraufgeführt wurde und
16 Wiederholungen erlebte, war Erwin und Elmire ein großer Publikumserfolg
bei den Berlinern. Clavigo wurde gleichfalls erfolgreich in Berlin aufgeführt,
übrigens auch 1776 in Gotha, so dass der dem preußischen König nahestehen-
de Herzog von Gotha »äußerst bewegt« davon war.
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Wann immer Goethe und Wieland sich zu den Geburtstagen der Her-
zoginnen Anna Amalia und Luise neue phantasievolle Erfindungen einfallen
ließen, nahm man auch außerhalb der Grenzen des Herzogtums Notiz davon.
So als Goethe 1777 sein Feenspiel Lila zum Geburtstag der Herzogin Luise
schrieb und bei der Aufführung selber die Rolle des Magiers übernahm. Diese
Aufführung, die in ganz Deutschland von sich reden machte, erlebte auch Prinz
Ferdinand von Braunschweig mit. Im Jahr 1779 wurde Goethes Claudine von
Villa Bella in Weimar gespielt. An allen deutschen Höfen erfuhr man von Anna
36 Brief vom 18. Juli 1775 (zitiert nach: »Mein Bruder in Apoll.« Briefwechsel zwischen
Anna Louisa Karsch und Johann Wilhelm Ludwig Gleim, hg. v. Regina Nörtemann,
Bd. 2, Göttingen 1996, 81).
37 Zu den Briefzeugnissen zu Erwin und Elmire vgl. Die Entstehung von Goethes Werken in
Dokumenten, hg. v. Katharina Mommsen, Bd. 4, Berlin; New York 2008, 192-210.
38 Vgl. des Gothaer Kapellmeisters A. Schweitzer Bericht darüber an F. J. Bertuch: »Ge-
stern wurde Clavigo aufgeführt, nach meinem Gefühl sehr gut. Der Herzog war äußerst
bewegt und zufrieden. Vielleicht ist nie ein Stück bei einer so ganz feierlichen Stille der
Zuschauer aufgeführt worden; ich sage Ihnen es hat erstaunende Sensation gemacht
[…].« (zitiert nach: Goethe-Jahrbuch 2 [1881], 386f.)