Page 115 - Kanonbildung. Protagonisten und Prozesse der Herstellung kultureller Identität
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Die Ausgeschlossenen                 113

               Fast drei Jahrzehnte nach der Reise aus den Reisedokumenten redigiert, stellte
               dieser Teil von Goethes zahlreichen autobiografischen Schriften einen wichtigen
               Beitrag  zur  Kanonisierung  klassischer  Autoren  gegenüber  den  Romantikern
               dar, jenem Gegensatzpaar, zu deren Etablierung der schon besprochene Aufsatz
               Weimarisches Hoftheater entscheidend beigetragen hatte.
                   1787 fertigte der Bildhauer Alexander Trippel in Rom eine Marmorbüste von
               Goethe (Schloss Arolsen; Gipsabguss in Frankfurt, Freies Deutsches Hochstift,
               Frankfurter Goethe-Museum; Replik in Weimar, Stiftung Weimarer Klassik,
               ehemals Herzogin Anna Amalia Bibliothek, heute Goethe-Nationalmuseum/
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               Bestand Plastik). Lange Zeit war Trippel vor allem für diese Büste bekannt,
               und dies vorzüglich wegen der Kanonizität des Dargestellten, ähnlich wie der
               ›Goethe-Tischbein‹ für sein monumentales Porträt.
                   Trippels  Büste  ist  an  berühmte  Apollo-Skulpturen,  aber  auch  an
               Alexanderdarstellungen  angelehnt  und  verbindet  barocke  und  klassizistische
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               Elemente.  Der Kopf ist hoch erhoben und leicht gedreht mit Blick in die
               Ferne, er hat reiches lockiges Haar mit der charakteristischen Anastole und
               hohen  Stirn.  Der  antike  militärische  Umhang,  das  Paludamentum,  ist  an
               einer  Schulter  mit  einer  Schließe  zusammengehalten  (für  den  Auftraggeber,
               den österreichischen Offizier Christian von Waldeck, die Maske der Tragödie
               darstellend, in der Replik für Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach in der
               Form einer Rosette). Das Original wurde als Pendant zu einer Büste Friedrichs
               II.  für  Waldeck  ausgeführt.  Beide  sind  in  ihrer  Haltung  als  Eroberer  und
               Führer idealisiert: Friedrich als Landesherr und Militär, Goethe im Reich des
               Intellekts und der Künste, als Dichterfürst. Die Apolloähnlichkeit wurde von
               Zeitgenossen, zum Beispiel Herder, sofort erkannt.
                   In der Italienischen Reise erwähnt und beschreibt Goethe die Büste (wie
               vorher  schon  die  Porträts  von  Kauffmann  und  Tischbein)  an  strategisch
               wichtigen Stellen. Sogleich kommt er auf seine Hochschätzung der Bildhauerei
               zu sprechen:




               57   Bernhard Maaz, »Dass die Idee, als hätte ich so ausgesehen, in der Welt bleibt.« Alexander
                   Trippels Goethe-Büste: Werk und Wirkung, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie
                   und Kunstgeschichte 52 (1995), 282. Vgl. ferner Jürg Albrecht (Hg.), Alexander Trippel
                   (1744–1793): Skulpturen und Zeichnungen, Schaffhausen 1993.
               58   Vgl. Trippels eigene Beschreibung im Brief an August von Waldeck vom 18. November
                   1788, zitiert in: Schuster/Gille, Wiederholte Spiegelungen (wie Anm. 15), Bd. 1, 395, Anm.
                   Nr. 45.
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